Montag, 2. März 2015

Nerviges Warten und kitschiges Glücklichsein

Ich bin gerade sehr aufgewühlt und unruhig.

Dabei ist eigentlich im Moment alles sehr gut. Karo hat mir unendlich geholfen vor meiner letzten Klausur, die für mich so stressig war wie noch keine davor. Ich fühle mich als Team zurzeit. Ich erkenne so viel positives an unserer Beziehung und an Karo selbst, was ich manchmal als selbstverständlich wahrnehme, es aber gar nicht ist. Karo und ich, das ist gut, das ist sogar sehr gut, und das macht mich ziemlich glücklich zurzeit.

Aber was mich nicht glücklich macht im Moment, das ist, wie das alles mit Karos beruflicher/gesundheitlicher Situation abläuft ... Erst musste sie unbedingt raus aus der Tagesklinik, weil sie direkt anfangen soll zu arbeiten, und jetzt ist sie schon seit über einem Monat gefangen in einem unstrukturierten Alltag, weil die Bürokratie es nicht hinbekommt, irgendwas sinnvoll zu regeln. Und es kann locker noch ein Monat dazu kommen. Das macht mich wütend.
Außerdem ist Karo in einem Gutachten als ziemlich beschränkt arbeitsfähig (momentan) eingestuft wurden. Das macht mich teilweise wütend, und macht mir teilweise Angst. Die Möglichkeit, dass es in diesem Ausmaß stimmt, macht mir Angst. Aber wütend macht es mich, weil ich es für ziemlich übertrieben halte. In meinen Augen ist Karo ein viel stärkerer Mensch. Alles was sie tut zeugt von mehr Stärke als sie dort bescheinigt bekommen hat - in Bürokratendeutsch, also ist es natürlich auch etwas schwierig zu interpretieren, aber trotzdem. Ihre Freunde schätzen sie auch stärker ein. Und auch wenn Karo selbst natürlich sehr verunsichert ist und sich generell nicht so positiv einschätzt, reagiert sie doch ziemlich geschockt darauf - ich glaube, sie hätte sich auch mehr erwartet. Es macht mich wütend, weil ich mir zu 98% sicher bin, dass Karo hier als zu schwach eingeschätzt wurde, und weil die für sie verantwortlichen Menschen ihr dadurch das Gefühl nehmen, dass sie ihre Situationen bewältigen kann, und sie was drauf hat.
Es nervt, dass irgendwie im Moment nichts wirklich läuft, so wie es sollte. Und das aus bürokratischen und bescheuerten Gründen. Da ist ein Mensch, der lernen will. Der vorankommen will im Leben, der sich Mühe gibt. Und da sind Institutionen, die Hürden stellen, obwohl sie Möglichkeiten bieten sollten.
Ich wünsche mir, dass Karo endlich das bekommt was ihr zusteht: Eine für sie angemessene, fördernde aber gleichzeitig stützende Hilfe. Und zwar jetzt.
Ich wünsche mir, dass uns niemand Steine in den Weg des Besserwerdens legt. Ich will, dass es einfach besser werden darf.
Oft wünsche ich mir zurzeit, dass ich eineinhalb Jahre in der Zeit vorspringen darf. Dass ich mit Karo zusammen in eine Wohnung ziehen kann, dass sie ihre Ausbildung hat und ich meine, dass es einen geregelten schönen Alltag gibt, mit allen Schwierigkeiten natürlich, aber ... so viel besser als jetzt.
Dieses Warten ohne etwas tun zu können, ohne dass was vorangeht, das ist das schlimmste. Und immer ständig neue Dinge und Entscheidungen und Beurteilungen. Ich will wo ankommen.

Es hat gut getan diesen Frust mal aufzuschreiben. Ich fühle mich viel ruhiger dadurch.
Auf der positiven Seite: Ich habe meinen eigenen, unabhängigen Stress zum Semesterende endlich hinter mir, was mir unglaublich hilft. Ich fühle mich total erleichtert dadurch und halte schwierige Momente bestimmt wieder besser aus.
Außerdem, wie schon erwähnt, bin ich mit Karo einfach sehr glücklich zurzeit. Ich bin sehr froh, dass sie meine Freundin ist, und ich mich in jemanden wie sie verliebt habe.
Und ich bin in den letzten Wochen auch zu der Erkenntnis gekommen, dass Karos Borderline-Diagnose sich viel leichter äußert, als das, was man meistens über Borderline liest - und ich deshalb nicht mehr diese ängstliche Unruhe fühlen muss, wenn ich über Borderline lese. Vor allem habe ich mich auch mit Karo darüber unterhalten, und sie hat mich darin bestätigt. Darüber möchte ich auf jeden Fall noch separat bloggen.

Ich bin auf jeden Fall sehr froh, dass es im Moment die Umstände sind, die mich unglücklich machen, und die Beziehung, die mich glücklich macht - und nicht anders rum ;) Denn ich merke immer wieder: Der Schlüssel, das alles zu überstehen, ist eindeutig Liebe.
Und das ist doch mal ein gutes Schlusswort. :)

2 Kommentare:

  1. Wenn ich das alles über Karos Situation so lese, werde ich selbst ganz wütend dabei. Das ist etwas, das Georg und ich noch sehr gut kennen, bei ihm besonders - das einzige wirkliche Angebot, das er je bekommen hat, war, in einer Werkstatt für geistig Behinderte zu arbeiten. Damals war er zwar noch beweglicher als heute, aber körperliche Arbeit wäre trotzdem nicht gegangen - da meinten sie dann, er könne ja Etiketten auf die Produkte kleben. Den ganzen Tag. Mit Abi und Berufsausbildung. Und Personal, das speziell auf schwer Körperbehinderte geschult war, gab es auch nicht.

    Das ist mit Karos Lage zwar nicht vergleichbar, erinnert mich vom Gesamteindruck aber doch stark daran. Es wird eher zusätzlich behindert und entmutigt, als irgendetwas anzubieten, was einen weiterbringt. Bürokratie, die sich als wohlmeinend tarnt - ich könnte einfach nur explodieren, wenn ich das lese.

    Dein Schlusswort mag ich aber sehr. <3 Schön zu lesen, dass zwischen euch beiden alles gut ist. <3

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    1. Ich danke dir für deinen Kommentar, Alex! <3 Natürlich ist es nicht schön, dass es dir und Georg ähnlich ergangen ist, aber es ist gut zu wissen, dass es uns nicht alleine so geht. Dass es wirklich die Bürokratie ist, die unsinnige Dinge macht und vieles erschwert und falsch macht. Das macht mir Mut, dass ich die Situation richtig einschätze. Und auch, weil ich weiß wo ihr beiden mittlerweile steht, und dass man dort hin kommen kann. :)
      Danke dafür, ich hab mich so gefreut das alles zu lesen!

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