Montag, 13. Juni 2016

Einfach das richtige tun.

Karo hat heute in einem Blogpost (den ich übrigens sehr empfehlen kann, zum Thema BeHindernisse) etwas dazu geschrieben, wie Nicht-Betroffene oft sehr unpassend mit Menschen mit psychischen Krankheiten umgehen. Sie hat ein paar Dinge genannt, die sie falsch finden würde, und Dinge, die ihr wichtig sind. 

"Seit einfach da für uns, unterstützt uns und drängt uns nicht zu Dingen, die wir vielleicht im Moment nicht können. Ihr könnt trotzdem wie früher normal mit uns umgehen, denn wir sind immer noch die Gleichen."

Einfach normal mit der Person umgehen. Einfach da sein, einfach keine blöden Dinge sagen, einfach unterstützen, einfach nicht drängen.
All das macht Sinn, all das ist richtig und wichtig - aber all das ist nicht unbedingt einfach, wenn man nicht viel mit psychischen Krankheiten zu tun hatte.

Für mich war es nicht einfach zu lernen, das richtige zu machen. Und auch jetzt noch, nach drei Jahren, weiß ich manchmal nicht, wie ich reagieren soll und was ich tun kann/darf/soll, und was nicht. (Das ist auch okay so, Unsicherheiten in sozialen Kontakten werden glaub ich in jeder Situation immer da sein, weil Menschen sich ständig verändern. Aber besser darf es werden. Ist es auch. :) )

Als jemand, der vorher nie eng mit Menschen zu tun hatte, die Depression, soziale Ängste, Trauma, Borderline oder weiteres haben, habe ich oft kaum gewusst, was ich machen sollte.
Wann soll ich nachfragen? Wann darf ich auf weitere Erklärung bohren? Wie erkenne ich, wo ich wirklich Abstand nehmen soll? Warum ist Karo so anders als ich es mir gedacht hätte, als ihr Opa stirbt? Wie oft darf ich ein Thema von mir aus ansprechen? Welche Ausdrücke sind tabu, weil sie weh tun? Welche Fragen sind anmaßend?
Wie fühlt es sich an, nichts mehr zu fühlen? Was genau ist eine Panikattacke? Wann tut körperlicher Schmerz weniger weh als psychischer? Warum sind manche Sachen, die ich sage, etwas, das so viel kaputt macht?
Wann darf ich sagen; tu das nicht? Wie zeige ich meinen Schmerz am besten? Wie viel Schmerz steht mir denn überhaupt zu? Was darf ich für mich verlangen? Was kann ich erwarten? Wie viel darf ich mir erlauben?
Wie um alles in der Welt sage ich "in meiner Brust tut etwas ganz ganz stark weh wenn du sagst wie sehr du dich hasst, aber ich weiß nicht ob ich dir sagen soll dass ich dich liebe oder ob ich dann wie ein Arschloch klinge und ich versteh doch nicht wie sich das anfühlt, aber es tut mir weh und ich hab keine Ahnung was ich sagen soll, aber nichts sagen ist auch keine Option"?
Was sagt man, wenn die Partnerin sich selbst verletzt?
Was tut man, wenn man Angst hat, dass sie stirbt?
Wie paranoid darf man sein?
Wie fragt man "lebst du noch" und meint es ein bisschen ernst?
Wie merkt man, wo man nachhakt, und wo man besser still ist?
Welches "mir geht es gut" stimmt, und welches ist eine sehr zurechtgebogene Wahrheit?
Wann kann ich selbst merken dass etwas nicht okay ist, und wann frage ich?
Wie viel kann man falsch machen, bis es zu viel ist?
Wo steht, was richtig ist?

Mit so viel Schmerz und dunklen Gefühlen eines Menschen umzugehen, den man liebt, das ist nicht leicht.
Man will nichts mehr, als das richtige tun. Etwas besser machen. Gut tun.
Normal umgehen. Das ist leichter gesagt als getan. Wenn man mit Dingen konfrontiert ist, mit Gefühlen die man so nicht kennt, dann weiß man nicht, was normal ist. So tun als ob nichts wäre? Blödsinn, es ist nämlich was. Mit Samthandschuhen anfassen? Dass das nicht richtig ist, ist auch klar. Den goldenen Mittelweg zu finden ist aber gar nicht so leicht. Was ist ehrlich, was man machen will, und was tut man, weil man sich an Hilfsmitteln festklammert? Wenn man nicht mehr weiß was man tun soll, fällt man so leicht in "man soll doch" "man kann doch nicht" "es ist doch wichtig dass" zurück. Alles, was einem einen Hinweis darauf liefert, was richtig ist.
Man will es doch einfach nur richtig machen, und man weiß doch nur nicht wie.

Es ist immer die selbe Leier, ich weiß, aber: Kommunikation ist das, was hilft.
Jeder Mensch ist anders, und jeder weiß nur für sich selbst, was am besten ist.
Am meisten hab ich glaub ich immer dann richtig gemacht, wenn ich ehrlich war und gesagt habe, was ich dachte und fühlte. Immer noch.

Ich habe auch viel falsch gemacht. Tu ich vielleicht immer noch. Auch das gehört dazu.
Durch Fehler lernt man, und ich wage zu behaupten, das habe ich auch getan.

Was ich mittlerweile weiß, ist: Normal mit Karo umgehen, ist, echt ich zu sein. Zu fragen wenn ich fragen will, und zu vertrauen, wenn ich spüre dass ich etwas weiß. Zu sagen, was ich fühle.
Auf die meisten der Fragen, die ich oben gestellt habe, habe ich mittlerweile eine Antwort, oder wenigstens einen Hinweis darauf.
Viele der Fragen sind mittlerweile keine Fragen mehr, sondern Selbstverständlichkeiten.
Manche Fragen tauchen immer noch auf, und manche kommen neu dazu.
Egal mit wem ich mich in meinem Leben auseinandersetze, es werden immer ein paar Unsicherheiten dabei sein, wenn ich mich frage, was ich sagen oder fragen oder tun darf. Und, wie schon gesagt: Das ist auch in Ordnung, das ist normal.

Je unbekannter etwas ist, umso schwieriger ist es, damit umzugehen.
Für mich waren psychische Krankheiten unbekannt, zumindest, sie so nah zu erleben. Für mich war es schwierig, zu lernen, das alles zu verstehen.
Ich glaube ich verstehe es jetzt besser und ich glaube, ich mache jetzt öfter das richtige.

Und ich lerne gerne weiter. :)

~~~

Einträge, die dazu passen:

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen