Dienstag, 31. März 2015

Zähne zusammenbeißen, weitermachen.

Zurzeit ist es für mich wieder eher schwierig. Ich muss viel aushalten, was ich eigentlich gar nicht will. Ich wünsche mir viel von Karo, was sie nicht erfüllen kann. Das frustriert mich, belastet mich und versetzt mich in eine schlechte Stimmung - wodurch ich wieder neue negative Gedanken habe, und Situationen auch schlechter interpretiere. Irgendwie ein Teufelskreis. Ich bemühe mich, das immer wieder zu unterbrechen, und versuche auch eine lockere, entspannte und zufriedenere Einstellung zu haben, aber das ist nicht immer leicht.

Vor ein paar Tagen war ich sehr verzweifelt, weil ich mich so vernachlässigt von Karo gefühlt habe, und dann haben wir uns ziemlich heftig gestritten. Ziemlich heftig. Ich habe plötzlich an allem gezweifelt, und hatte das Gefühl, dass ich einfach nicht mehr kann, mit so wenig Paarzeit und Bestätigung.
Zwei entscheidende Momente in diesem Streit haben für mich die Dinge wieder etwas gerade gerückt. Nicht kerzengerade und auch noch frisch gestrichen, aber immerhin wieder etwas stabiler im Wind stehend. Nicht kurz vorm Umfallen. Details sind für den Blog hier nicht so wichtig, aber: Karo hat mich mit einer Aussage überrascht, die mir gezeigt hat, dass ich ihr doch viel wichtiger bin, als ich befürchtet habe. Und, zweitens, hat sie mir mit einer anderen Aussage den Mut gegeben, dass es besser werden wird.
Beim letzten heftigen Streit war das andersrum. Karo hat mich daran erinnert, dass ich versprochen hatte, immer um sie zu kämpfen. Jetzt hat sie mir versprochen, auch um mich zu kämpfen. Ich habe gesagt: Dann kann immer wenigstens eine von uns um die andere kämpfen.

Heute hat Karo über Depressionen gebloggt. Sie hat geschrieben: "Ich hatte schon mehrere Depressionsphasen, wobei ich mich gerade wieder in einer befinde." Irgendwie hat mir dieser Satz sehr gut getan. So klar zu hören "ich habe gerade eine depressive Phase", macht es für mich leichter. Ich kann Karos Verhalten besser einordnen, und weiß auch, dass ich so was mit Karo schon mal überstanden habe. Ja, ich hätte mir das auch selbst zusammenreimen können, und im Grunde wusste ich das ja auch. Aber es in diesen Worten und vor allem von Karo selbst zu hören, macht doch irgendwie einen Unterschied.

Morgen fängt Karos neue Arbeit an, in der Werkstatt für Behinderte. Ich finde das immer noch total unpassend, ein kleines bisschen beängstigend und sehr ärgerlich, dass Karo nichts passenderes für sie machen darf.
Ich bin nervös deswegen. Ich wünsche mir so sehr, dass es, obwohl es unpassend ist, einigermaßen okay wird. Dass Karo nette Leute trifft, dass die Betreuer (oder wie auch immer) okay sind, und dass Karo irgendwie die Zeit auch für sich nutzen kann, ohne sie nur erdulden zu müssen.
Ich wünsche mir das einerseits für Karo, selbstverständlich, aber ein bisschen auch für mich selbst, weil wenn es Karo besser geht ... dann können wir vielleicht auch unsere Beziehung wieder etwas besser pflegen.
Ich bin auch nervös, weil ich nicht wirklich weiß, wie viel mir Karo davon erzählen kann, morgen, und ich dann so viel wissen möchte. Ich hoffe dass ich es schaffe, sie nicht zu sehr unter Druck zu setzen und einigermaßen entspannt zu bleiben, für mich selbst.

Blog-Off-Topic habe ich mich endlich mal um mein zweites Praktikum gekümmert (auch wenn es noch nicht fest ist), feiere mit meinen liebsten Freunden (außer einer, leider) in meinen Geburtstag am Freitag rein und war vorgestern mit meiner Mama in einem tollen Musical.
Und wieder etwas On-Topic freue ich mich sehr darauf, dass es nur noch zweieinhalb Wochen bis zum zweiten Jahrestag von Karo und mir sind, und dass wir uns dann auch eeeendlich wieder sehen. Das wird uns beiden total gut tun.

So. Das war's. :)

Montag, 23. März 2015

Borderline-Beziehungen und das, was man dazu findet.

 Wenn ich vor ein paar Monaten irgendetwas über Borderline und Beziehungen gelesen oder gehört wurde, dann hätte ich mich am liebsten einfach umgedreht und wäre gegangen. Und mich dann zu einer Kugel gerollt und geweint.
Da stehen dann Dinge wie, dass Borderliner nur manipulieren, lügen und betrügen. Dass man ihnen nie vertrauen kann. Wie man mit ihnen reden muss, damit sie "richtig" reagieren. Und, natürlich: Wie man mit der Trennung klarkommt.

Erfolgsgeschichten? Ich kenne keine. Ich kann mich an keine einzige Informationsquelle erinnern, wo über eine erfolgreiche Borderliner-Beziehung berichtet wird. Und auch an keine, wo steht, wie man eine Beziehung erfolgreich führen kann. Ich weiß viel darüber, wie ich mit der Trennung klarkommen kann. Aber wie kann ich mit der Beziehung klarkommen?

Update: Ich habe mittlerweile selbst so einen Blogpost geschrieben: Anleitung zum Glücklichsein (in einer Borderlinerbeziehung)

Dann, vor einigen Wochen, habe ich es doch einmal gewagt, und mich bei einer Facebook-Gruppe für Borderliner-Angehörige angemeldet. Ich hatte wirklich richtig Angst davor. Und es war auch schwierig. Da standen wieder nur die gleichen Geschichten. Der Partner ist mal wieder für einige Wochen abgehauen und reagiert auf rein gar nichts, hat einen überall geblockt. Der Partner hat einen beschimpft. Der Partner hat einen mit jemand anderem betrogen. Der Partner hat monatelang gelogen als er gesagt hat, er hätte eine Arbeit. Und so weiter, und so fort.

Was macht das mit mir? Ich habe so was gelesen, und denke sofort: Oh Gott, wird mir das auch alles passieren? Ist es wirklich so schlimm? Darf ich Karo in nichts vertrauen, lügt sie mich permanent an? Wird sie sich eines Tages aus meinem Leben ziehen, ohne Erklärung und Kontaktmöglichkeit? Darf ich auf nichts hoffen und nicht vertrauen?
Aus genau diesen Gründen konnte ich nie mit Borderline-Themen im Internet umgehen, und an manchen Tagen fällt es mir immer noch schwer.

Aber trotz allem war es natürlich wie immer gut, sich mal wirklich damit auseinanderzusetzen. Denn ich habe dann einfach gemerkt: So schwer es manchmal für mich ist, Karo und ich haben es gar nicht sooo schlimm. Karo würde mich nie betrügen. Karo beschimpft mich nicht, sondern zieht sich lieber zurück, um mich nicht zu verletzen. Karo sagt und zeigt mir (insbesondere in letzter Zeit *__*) sehr deutlich, dass sie mich immer liebt. Sie beichtet mir sogar Dinge, von denen sie weiß dass ich sie wissen möchte, die sie mir aber nicht gleich gesagt hat - ohne, dass ich es ansonsten herausfinden könnte. Was für mich ein totaler Vertrauensbeweis ist. Kurz gesagt: Karo hat Borderline, aber die Schauergeschichten über Borderline-Partner treffen auf uns einfach nicht zu. In Ansätzen vielleicht, ja. Aber nicht in diesem Ausmaß.

Das letzte Mal bei Karo haben wir auch darüber geredet, und wie wir beide denken, dass sie eine eher schwache Form von Borderline hat. Das hat mir sehr gut getan zu sehen, dass auch Karo das so sieht wie ich. Das bestätigt mich darin, dass das auch wirklich stimmt.

Und das ist auch ein Punkt, warum eine Diagnose nicht immer nur gut ist. Ich habe darüber schon mal geschrieben, dass mir die Diagnose Borderline Angst gemacht hat. Man erwartet, dass alles aus der Diagnose zutrifft, und dass Menschen mit der gleichen Diagnose auch gleich oder sehr ähnlich sind. Aber auch in meinem Psychologie-Studium habe ich schon gelernt: Diagnosen sind immer nur ein Spektrum. Jemand beurteilt einen Menschen und versucht ihn zu kategorisieren, aber das bedeutet nicht, dass alle Menschen in der Kategorie gleich sind, sondern dass sie sich in manchen Punkten ähnlich sind, und bei manchen ist das Merkmal der Kategorie stärker ausgeprägt, bei anderen schwächer. Das ist wichtig. Und das ist manchmal schwierig zu sehen, wenn es eine Diagnose gibt.

Was mir aber vor allem wichtig ist, mit diesem Post: Es ist total schade, dass es keine Erfolgsgeschichten zu Borderline-Beziehungen gibt (oder zumindest keine, die ich finde), und auch keine positiven und optimistischen Berichte dazu. Es muss auch Borderline-Beziehungen geben, die gut klappen und wo beide Partner glücklich miteinander sind: Ich führe ja auch so eine. Vielleicht sind sie in der Minderheit, aber es würde doch bestimmt vielen helfen, wenn es dazu Informationen gäbe.
Mir würde das auf jeden Fall helfen.

Ich hoffe, ich kann mit meinem Blog auch ein bisschen dazu beitragen, dass sich das ändert. Ich will eine der Quellen sein, wo man sehen kann, dass in einer Borderline-Beziehung nicht alles schlimm und schlecht ist und sowieso nur ein Durchhalten bis zur Trennung. Ich will zeigen, was ich hoffe und glaube: Dass Karo und ich als Paar glücklich sein werden. Dass es ihr besser gehen wird, und ich gut mit der Zeit klarkomme in der das nicht so ist, und trotzdem so viel positives an unserer Beziehung sehe.
Ich glaube, dass Karo und ich auch weiterhin eine gute Beziehung führen. Mit allen Höhen und Tiefen.
Ich werde jedenfalls weiter davon berichten, und wer weiß, vielleicht hilft es eines Tages sogar irgendjemandem.

Dienstag, 17. März 2015

Sorgen, Gleichungen und Kaugummi

Mir geht es gut.
Karo geht es schlecht, aber mir geht es gut.
Das ist irgendwie ein ziemlich neues Gefühl für mich. Aber in den letzten Tagen, der letzten Woche ... ist das irgendwie so.

Bisher war ich meistens innerlich sehr, sehr unruhig, wenn es Karo schlecht ging. Oder wenn ich nicht viel von ihr mitbekam, und es ihr vielleicht schlecht ging. Ich konnte mich wenig auf das konzentrieren, was ich gerade mache. Wenn ich etwas schönes gemacht habe, dann war ich innerlich sehr angespannt, weil ich an Karo dachte, und dass es ihr vielleicht schlecht geht. Ich wollte bereit sein, mit ihr zu reden. Ich habe über ihre Gedanken und Gefühle nachgedacht. Ich habe auf Nachrichten gewartet und überlegt, wie ich Fragen formulieren kann, ob ich fragen sollte. Ich habe darum gekämpft, ihr ihre Ruhe zu lassen, und nicht nachzufragen. Ich war in solchen Situationen immer sehr, sehr unruhig, innerlich.
Das ist die letzten Tage nicht mehr so. Ich weiß, dass es Karo nicht gut geht. Aber mir geht es gut. Und ich bin ruhig dabei.
Ich glaube, was passiert ist, ist mehr Akzeptanz. Ich akzeptiere die Situation so, wie sie ist. Karo geht es nicht gut, aber deshalb muss ich nicht unbedingt etwas machen (und angespannt sein, wenn ich gerade nichts machen kann). Wenn Karo ihre Ruhe braucht, schreiben wir eben etwas weniger. Ich werde dadurch nichts wichtiges verpassen, und wenn, dann wird sie es mir sagen. Aber ich brauch nicht ständig in Habachtstellung sein, nur weil es Karo (vielleicht) schlecht geht. Ich darf und vor allem kann trotzdem mein Leben genießen.
Das heißt nicht, dass mir Karos Gefühle egal sind. Oder dass ich mich weniger für ihr Leben interessiere. Sondern es heißt, dass ich loslasse, was ich nicht ändern kann. Wo ich mich nicht kümmern kann, gerade.
Don't worry. Or worry, but know that worrying is as effective as trying to solve an algebra equation by chewing bubble gum.
Wear Sunscreen - Mary Schmich

Ich mach mir keine Sorgen, wenn es gar nicht nötig ist. Und deshalb geht es mir viel, viel besser, und ich bin so richtig gut drauf.
Und für Karo ist das genauso gut: Ich mach ihr weniger Druck, belaste sie nicht zusätzlich und habe vor allem viel mehr Kraft, um ihr den Rücken freizuhalten. Und für sie da zu sein, wenn sie das gerade braucht.
Ich weiß noch nicht, wie lange ich diesen Zustand so beibehalten kann. Aber jetzt funktioniert es doch schon eine ganze Weile. Und bestimmt werd ich mal wieder in alte Muster zurückfallen, aber ich weiß jetzt schon mal, wie das entspannt-sein geht ;)
Das Leben ist schön!

Montag, 2. März 2015

Nerviges Warten und kitschiges Glücklichsein

Ich bin gerade sehr aufgewühlt und unruhig.

Dabei ist eigentlich im Moment alles sehr gut. Karo hat mir unendlich geholfen vor meiner letzten Klausur, die für mich so stressig war wie noch keine davor. Ich fühle mich als Team zurzeit. Ich erkenne so viel positives an unserer Beziehung und an Karo selbst, was ich manchmal als selbstverständlich wahrnehme, es aber gar nicht ist. Karo und ich, das ist gut, das ist sogar sehr gut, und das macht mich ziemlich glücklich zurzeit.

Aber was mich nicht glücklich macht im Moment, das ist, wie das alles mit Karos beruflicher/gesundheitlicher Situation abläuft ... Erst musste sie unbedingt raus aus der Tagesklinik, weil sie direkt anfangen soll zu arbeiten, und jetzt ist sie schon seit über einem Monat gefangen in einem unstrukturierten Alltag, weil die Bürokratie es nicht hinbekommt, irgendwas sinnvoll zu regeln. Und es kann locker noch ein Monat dazu kommen. Das macht mich wütend.
Außerdem ist Karo in einem Gutachten als ziemlich beschränkt arbeitsfähig (momentan) eingestuft wurden. Das macht mich teilweise wütend, und macht mir teilweise Angst. Die Möglichkeit, dass es in diesem Ausmaß stimmt, macht mir Angst. Aber wütend macht es mich, weil ich es für ziemlich übertrieben halte. In meinen Augen ist Karo ein viel stärkerer Mensch. Alles was sie tut zeugt von mehr Stärke als sie dort bescheinigt bekommen hat - in Bürokratendeutsch, also ist es natürlich auch etwas schwierig zu interpretieren, aber trotzdem. Ihre Freunde schätzen sie auch stärker ein. Und auch wenn Karo selbst natürlich sehr verunsichert ist und sich generell nicht so positiv einschätzt, reagiert sie doch ziemlich geschockt darauf - ich glaube, sie hätte sich auch mehr erwartet. Es macht mich wütend, weil ich mir zu 98% sicher bin, dass Karo hier als zu schwach eingeschätzt wurde, und weil die für sie verantwortlichen Menschen ihr dadurch das Gefühl nehmen, dass sie ihre Situationen bewältigen kann, und sie was drauf hat.
Es nervt, dass irgendwie im Moment nichts wirklich läuft, so wie es sollte. Und das aus bürokratischen und bescheuerten Gründen. Da ist ein Mensch, der lernen will. Der vorankommen will im Leben, der sich Mühe gibt. Und da sind Institutionen, die Hürden stellen, obwohl sie Möglichkeiten bieten sollten.
Ich wünsche mir, dass Karo endlich das bekommt was ihr zusteht: Eine für sie angemessene, fördernde aber gleichzeitig stützende Hilfe. Und zwar jetzt.
Ich wünsche mir, dass uns niemand Steine in den Weg des Besserwerdens legt. Ich will, dass es einfach besser werden darf.
Oft wünsche ich mir zurzeit, dass ich eineinhalb Jahre in der Zeit vorspringen darf. Dass ich mit Karo zusammen in eine Wohnung ziehen kann, dass sie ihre Ausbildung hat und ich meine, dass es einen geregelten schönen Alltag gibt, mit allen Schwierigkeiten natürlich, aber ... so viel besser als jetzt.
Dieses Warten ohne etwas tun zu können, ohne dass was vorangeht, das ist das schlimmste. Und immer ständig neue Dinge und Entscheidungen und Beurteilungen. Ich will wo ankommen.

Es hat gut getan diesen Frust mal aufzuschreiben. Ich fühle mich viel ruhiger dadurch.
Auf der positiven Seite: Ich habe meinen eigenen, unabhängigen Stress zum Semesterende endlich hinter mir, was mir unglaublich hilft. Ich fühle mich total erleichtert dadurch und halte schwierige Momente bestimmt wieder besser aus.
Außerdem, wie schon erwähnt, bin ich mit Karo einfach sehr glücklich zurzeit. Ich bin sehr froh, dass sie meine Freundin ist, und ich mich in jemanden wie sie verliebt habe.
Und ich bin in den letzten Wochen auch zu der Erkenntnis gekommen, dass Karos Borderline-Diagnose sich viel leichter äußert, als das, was man meistens über Borderline liest - und ich deshalb nicht mehr diese ängstliche Unruhe fühlen muss, wenn ich über Borderline lese. Vor allem habe ich mich auch mit Karo darüber unterhalten, und sie hat mich darin bestätigt. Darüber möchte ich auf jeden Fall noch separat bloggen.

Ich bin auf jeden Fall sehr froh, dass es im Moment die Umstände sind, die mich unglücklich machen, und die Beziehung, die mich glücklich macht - und nicht anders rum ;) Denn ich merke immer wieder: Der Schlüssel, das alles zu überstehen, ist eindeutig Liebe.
Und das ist doch mal ein gutes Schlusswort. :)