Dienstag, 21. Juni 2016

Wenn es sich anfühlt, als ob du kaum noch da bist.

Zurzeit geht es Karo ziemlich schlecht.
Ich merke, wie ich mich oft überhaupt nicht darauf konzentriere, sondern mich ganz viel mit meinem eigenen Leben beschäftige und so unabhängig lebe, wie ich eben kann.
Ich merke aber auch, wie dann deshalb abends oft, kurz vorm Einschlafen, alles über mich hereinbricht und plötzlich alles sehr, sehr weh tut.
Ich versuche deshalb, das auch tagsüber mehr an mich heranzulassen. Wenn ich alles weg schiebe so weit es geht, wird es dann eben irgendwann viel zu viel und tut in dem Moment dann nur umso mehr weh.
Deshalb schreib ich jetzt zum Beispiel auch diesen Blogeintrag.

Ich weiß nicht wirklich, was los ist. Karo weiß es glaub ich auch nicht. Viele verschiedene Sachen wahrscheinlich und gleichzeitig alles und nichts.

Ich weiß nur, dass es sich anfühlt, als ob sie kaum noch da ist. Wir reden nicht viel, die letzten Tage, nur manchmal gibt es Momente wo es sich fast normal anfühlt. Aber meistens sind es gerade Stunden, in denen wir nicht miteinander kommunizieren, und sich die Leere irgendwie größer anfühlt als an guten Tagen - wenn ich darüber nachdenke, zumindest.
Und auch wenn wir reden, schreiben, auch dann ist die Leere irgendwie größer.
So als wäre Karo durchsichtig.

Es tut so weh, wenn das so ist. Es tut weh aus egoistischen Gründen, wie dass ich sie vermisse, dass ich Gespräche haben will die ich gerade nicht haben kann, dass ich mir Dinge wünsche, die nicht da sind.
Es tut aber auch weh, weil ich Karo verdammt noch mal liebe und sie der absolut bewundernswerteste Mensch ist den ich kenne, weil sie wertvoll ist und so viel in meinem Leben bewirkt hat und sie so WICHTIG für mich ist, und weil sie so viel besseres verdient hat. So, so viel besseres.

Und es tut weh, weil ich nichts machen kann.
Und manchmal denke ich, vielleicht könnte ich mehr machen, und ich mache einfach zu wenig. Vielleicht sollte ich lange E-Mails schreiben. Vielleicht sollte ich mehr nachfragen. Vielleicht sollte ich öfter sagen wie wichtig sie mir ist.
Aber ich sage schon oft, dass sie mir wichtig ist, glaub ich, ich glaub ich sag es oft. Ich glaub ich frage oft genug nach, und wenn ich es öfter tue, vielleicht nervt es dann einfach nur, weil sie es ja sagen würde, wenn sie könnte? Weil sie ja weiß, dass ich da bin, wenn sie will. Vielleicht sollte ich E-Mails wirklich öfter schreiben. Vielleicht sollte ich das hier in eine E-Mail schreiben anstatt in einen Blogpost, vielleicht sollte ich nachfragen - aber das tu ich ja auch, und Karo sagt mir dann normalerweise, dass ich nichts tun kann, im Moment.
Und vielleicht sollte ich über all das einfach mit ihr reden, aber ich glaube nicht dass das gerade geht, ich weiß nicht ob das geht, und ich fühle mich zurzeit einfach sehr, sehr hilflos.

Und deshalb tu ich das, was ich bisher gelernt habe, für solche Momente. Ich versuche zu akzeptieren, dass Karos Schmerz nicht mein Schmerz ist. Ich versuche, die Balance zu finden zwischen Hilfe anbieten und vertrauen, dass sie sich die nimmt, wenn sie sie braucht. Ich versuche abzuschalten, wenn Karo nicht auf mich zukommt. Ich kann nicht die ganze Zeit darüber nachdenken wie es ihr gerade geht, weil das nichts ändert. Das einzige was es ändert ist, dass ich mich selbst aufarbeite und sehr unglücklich werde.
Ich muss Vertrauen, dass es reicht wenn ich dann da bin, wenn Karo mir sagt dass sie mich braucht, und dass ich trotzdem genug auf sie zugehe und ihr das Gefühl gebe, dass es mir ganz und gar nicht egal ist, wie es ihr gerade geht.

Mittelmaße finden ist schwierig.

Menschen vermissen und sie leiden sehen und merken wie sie kaum noch da sind und das Gefühl haben, nichts dagegen tun zu können, aber auch zu zweifeln ob man genug tut, das ist auch schwierig.

Eine Struktur in diesen Beitrag zu bringen wäre auch schwierig, aber um ehrlich zu sein versuch ich es nicht mal, weil ich eh viel zu kontrolliert hier bin, hier und überhaupt, und es gar nicht schadet wenn ich mal mehr so schreibe wie mein Gehirn einfach funktioniert, ohne das vorher zu sortieren.

Naja. Karo ist jetzt im Bett, und ich will Schokoeis oder irgendwas anderes leckeres und YouTube.

Tschüss <3

~~~

Einträge, die dazu passen:

Montag, 13. Juni 2016

Aufruf: Fragen!

Ich weiß oft nicht so genau, worüber ich schreiben will. In meiner Beziehung mit Karo verändert sich nicht mehr so viel, und ich fühle mich seit längerem sehr sicher und bin gewohnt, wie wir miteinander umgehen. Dadurch kommen bei mir wenig Themen hoch, die ich hier unbedingt besprechen möchte.

Ich würde aber sehr gerne Dinge erzählen, die andere interessieren.
Wenn du deshalb eine Frage hast, die du gerne von mir beantwortet hättest, dann stell sie bitte jederzeit! Am besten einfach in den Kommentaren, auf Twitter, oder falls du mich persönlich kennst natürlich auch so.

Ich freue mich über jede_n, die_der etwas wissen möchte :)

Einfach das richtige tun.

Karo hat heute in einem Blogpost (den ich übrigens sehr empfehlen kann, zum Thema BeHindernisse) etwas dazu geschrieben, wie Nicht-Betroffene oft sehr unpassend mit Menschen mit psychischen Krankheiten umgehen. Sie hat ein paar Dinge genannt, die sie falsch finden würde, und Dinge, die ihr wichtig sind. 

"Seit einfach da für uns, unterstützt uns und drängt uns nicht zu Dingen, die wir vielleicht im Moment nicht können. Ihr könnt trotzdem wie früher normal mit uns umgehen, denn wir sind immer noch die Gleichen."

Einfach normal mit der Person umgehen. Einfach da sein, einfach keine blöden Dinge sagen, einfach unterstützen, einfach nicht drängen.
All das macht Sinn, all das ist richtig und wichtig - aber all das ist nicht unbedingt einfach, wenn man nicht viel mit psychischen Krankheiten zu tun hatte.

Für mich war es nicht einfach zu lernen, das richtige zu machen. Und auch jetzt noch, nach drei Jahren, weiß ich manchmal nicht, wie ich reagieren soll und was ich tun kann/darf/soll, und was nicht. (Das ist auch okay so, Unsicherheiten in sozialen Kontakten werden glaub ich in jeder Situation immer da sein, weil Menschen sich ständig verändern. Aber besser darf es werden. Ist es auch. :) )

Als jemand, der vorher nie eng mit Menschen zu tun hatte, die Depression, soziale Ängste, Trauma, Borderline oder weiteres haben, habe ich oft kaum gewusst, was ich machen sollte.
Wann soll ich nachfragen? Wann darf ich auf weitere Erklärung bohren? Wie erkenne ich, wo ich wirklich Abstand nehmen soll? Warum ist Karo so anders als ich es mir gedacht hätte, als ihr Opa stirbt? Wie oft darf ich ein Thema von mir aus ansprechen? Welche Ausdrücke sind tabu, weil sie weh tun? Welche Fragen sind anmaßend?
Wie fühlt es sich an, nichts mehr zu fühlen? Was genau ist eine Panikattacke? Wann tut körperlicher Schmerz weniger weh als psychischer? Warum sind manche Sachen, die ich sage, etwas, das so viel kaputt macht?
Wann darf ich sagen; tu das nicht? Wie zeige ich meinen Schmerz am besten? Wie viel Schmerz steht mir denn überhaupt zu? Was darf ich für mich verlangen? Was kann ich erwarten? Wie viel darf ich mir erlauben?
Wie um alles in der Welt sage ich "in meiner Brust tut etwas ganz ganz stark weh wenn du sagst wie sehr du dich hasst, aber ich weiß nicht ob ich dir sagen soll dass ich dich liebe oder ob ich dann wie ein Arschloch klinge und ich versteh doch nicht wie sich das anfühlt, aber es tut mir weh und ich hab keine Ahnung was ich sagen soll, aber nichts sagen ist auch keine Option"?
Was sagt man, wenn die Partnerin sich selbst verletzt?
Was tut man, wenn man Angst hat, dass sie stirbt?
Wie paranoid darf man sein?
Wie fragt man "lebst du noch" und meint es ein bisschen ernst?
Wie merkt man, wo man nachhakt, und wo man besser still ist?
Welches "mir geht es gut" stimmt, und welches ist eine sehr zurechtgebogene Wahrheit?
Wann kann ich selbst merken dass etwas nicht okay ist, und wann frage ich?
Wie viel kann man falsch machen, bis es zu viel ist?
Wo steht, was richtig ist?

Mit so viel Schmerz und dunklen Gefühlen eines Menschen umzugehen, den man liebt, das ist nicht leicht.
Man will nichts mehr, als das richtige tun. Etwas besser machen. Gut tun.
Normal umgehen. Das ist leichter gesagt als getan. Wenn man mit Dingen konfrontiert ist, mit Gefühlen die man so nicht kennt, dann weiß man nicht, was normal ist. So tun als ob nichts wäre? Blödsinn, es ist nämlich was. Mit Samthandschuhen anfassen? Dass das nicht richtig ist, ist auch klar. Den goldenen Mittelweg zu finden ist aber gar nicht so leicht. Was ist ehrlich, was man machen will, und was tut man, weil man sich an Hilfsmitteln festklammert? Wenn man nicht mehr weiß was man tun soll, fällt man so leicht in "man soll doch" "man kann doch nicht" "es ist doch wichtig dass" zurück. Alles, was einem einen Hinweis darauf liefert, was richtig ist.
Man will es doch einfach nur richtig machen, und man weiß doch nur nicht wie.

Es ist immer die selbe Leier, ich weiß, aber: Kommunikation ist das, was hilft.
Jeder Mensch ist anders, und jeder weiß nur für sich selbst, was am besten ist.
Am meisten hab ich glaub ich immer dann richtig gemacht, wenn ich ehrlich war und gesagt habe, was ich dachte und fühlte. Immer noch.

Ich habe auch viel falsch gemacht. Tu ich vielleicht immer noch. Auch das gehört dazu.
Durch Fehler lernt man, und ich wage zu behaupten, das habe ich auch getan.

Was ich mittlerweile weiß, ist: Normal mit Karo umgehen, ist, echt ich zu sein. Zu fragen wenn ich fragen will, und zu vertrauen, wenn ich spüre dass ich etwas weiß. Zu sagen, was ich fühle.
Auf die meisten der Fragen, die ich oben gestellt habe, habe ich mittlerweile eine Antwort, oder wenigstens einen Hinweis darauf.
Viele der Fragen sind mittlerweile keine Fragen mehr, sondern Selbstverständlichkeiten.
Manche Fragen tauchen immer noch auf, und manche kommen neu dazu.
Egal mit wem ich mich in meinem Leben auseinandersetze, es werden immer ein paar Unsicherheiten dabei sein, wenn ich mich frage, was ich sagen oder fragen oder tun darf. Und, wie schon gesagt: Das ist auch in Ordnung, das ist normal.

Je unbekannter etwas ist, umso schwieriger ist es, damit umzugehen.
Für mich waren psychische Krankheiten unbekannt, zumindest, sie so nah zu erleben. Für mich war es schwierig, zu lernen, das alles zu verstehen.
Ich glaube ich verstehe es jetzt besser und ich glaube, ich mache jetzt öfter das richtige.

Und ich lerne gerne weiter. :)

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Einträge, die dazu passen: