Dienstag, 24. April 2018

Unser Beziehungsalltag

In meinem letzten Blogpost habe ich ja darüber geschrieben, wie eine typische Woche in Karos und meiner Beziehung aussieht, während sie gerade in der Klinik ist. Die Klinikzeit ist für mich stark davon geprägt, dass sie wenig Zeit für mich hat, viele schwere Dinge erlebt von denen ich oft nur am Rand etwas mitbekomme, und es ihr oft schlecht geht, ohne dass ich da bin. Vor allem ist es eine Zeit des Vermissens, für mich ganz persönlich.

Ich fand es sehr wichtig, diesen Teil unserer Beziehung zu zeigen. Für Karo ist die Klinikzeit natürlich keine leichte Zeit. Darüber hat sie hier sehr eindrücklich geschrieben. Und für mich als Partnerin hat das eben auch Auswirkungen, was genau das ist, wovon ich hier auch ehrlich und offen berichten will.

Jetzt ist Karo aber gerade nicht in der Klinik. Sie ist zuhause und macht regelmäßig ihre ambulante Therapie weiter, die sie auch vor der Klinik schon hatte. Unser Alltag ist in dieser Zeit ein ganz anderer und ich will euch auch diesen hier zeigen.

Wie ist der Beziehungsalltag zwischen zwei Frauen, von denen eine sehr belastende psychische Krankheiten hat?

Wir beginnen mit...
Samstag, 14. April
Um halb acht wache ich auf und schreibe Karo guten Morgen. Eine Stunde später fahre ich zum Bahnhof, denn ich besuche Karo heute! Wir sind bereits auf Wohnungssuche für die Wohnung, in die wir ab Herbst zusammenziehen werden, und haben morgen unsere erste Besichtigung.
Als ich am Bahnhof ankomme schreibt mir auch Karo guten Morgen. Ich schicke ihr ein paar Fotos und schreibe ihr über den Bagger am Bahnhof - sie ist sehr traurig, dass ich ihr davon kein Foto geschickt habe ;)
Um 10 Uhr bin ich gerade im Zug und Karo fragt ob wir kurz telefonieren können. Sie ruft mich an und erzählt mir von einem Ereignis in der Familie, das sie gerade sehr belastet. Wir sprechen ein bisschen darüber.
Kurz darauf ist Karos Blogeintrag für diesen Tag online (wir machen gerade eine 31-Tage-Challenge) und wir schreiben ein bisschen darüber. Auch während dem Rest der Zugfahrt tauschen wir noch ein paar kurze Nachrichten aus.
Um halb eins komme ich dann am Bahnhof an, wo mich Karo mit Umarmungen und Küssen empfängt. Wir freuen uns beide sehr uns so spontan zu sehen.
Wir kaufen Döner die wir bei ihren Eltern zuhause essen. Karo probiert Kleider an und ich sage ihr welche schön sind, wir reden viel und kuscheln. Später fahren wir in einen Ort in der Nähe und besorgen eine Kleinigkeit und kaufen uns Eisbecher zum Mitnehmen. Wieder zuhause angekommen essen wir die Eisbecher zusammen mit Karos Mutter.
Abends ist Public Viewing von einem Basketballspiel, das wir uns zusammen mit Karos Freunden ansehen. Wir fahren zusammen mit dem Auto zu Karos Freundin. Weil wir früher da sind, reden wir noch am Parkplatz und- flirten ziemlich viel ;)
Dann fahren wir zusammen mit den Freunden weiter zum Spiel. Es ist schön, mit Karo zusammen Zeit mit ihren Freunden zu verbringen. Leider habe ich ein bisschen Kopfschmerzen, aber Karo massiert mich während dem Spiel kurz.
Spät abends sind wir wieder zuhause. Wir haben Sex und er ist ziemlich gut. Kurz nach Mitternacht gehen wir schlafen - Karo in ihrem Bett, und ich auf einer Matratze auf dem Fußboden, weil für eine Nacht es den Aufwand nicht wert wäre, das irgendwie anders zu machen.

Sonntag, 15. April
Der Morgen startet gemütlich zusammen im Bett. Später dusche ich und wir machen uns fertig für die Besichtigung der Wohnung, zu der uns Karo wieder mit dem Auto fährt. Die Wohnung gefällt uns sehr gut, leider ist sie aber auch viel zu klein für uns beide, da sie nur ein einziges Zimmer hat. Anschließend fahrend wir kurz in Karos aktuelle Wohnung und ich helfe ihr, ihren Kühlschrank auszuräumen, da sie längere Zeit nicht dort war und nicht mehr alles gut ist.
Auf dem Weg zurück zu ihren Eltern zeigt mir Karo ein Lied, in dem es darum geht, dass man sich bei der Person die man liebt zuhause fühlt. Es berührt mich sehr, weil ich mich auch so fühle (und weil ich PMS habe...), und ich weine mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Erst ein paar Minuten später als wir weiter darüber reden stellt sich heraus, dass Karo mein Weinen voll verunsichert hat, weil sie dachte, dass ich deshalb weine, weil sie eben nicht mein Zuhause ist. Zum Glück haben wir darüber geredet!
Zuhause bereiten wir zusammen Mittagessen vor und haben dort eine kleine Auseinandersetzung über eine ziemliche Belanglosigkeit. Es ist ein bisschen angespannt zwischen uns und wir sind nach wie vor nicht sehr geübt darin, Auseinandersetzungen direkt miteinander zu klären. Aber wir sprechen darüber und bemühen uns beide sehr, so dass es dann schnell wieder gut ist.
Den Nachmittag verbringen wir noch recht gemütlich mit kuscheln und reden, über bescheuerte Dinge,  alltägliches, Liebe, Zukunft, oder Karos Therapien. Am frühen Abend muss Karo mich wieder zum Bahnhof fahren. Wir reden dort noch sehr gut über Dinge, die wir uns voneinander wünschen und haben ziemlich viel Spaß dabei.
Um halb sechs bin ich wieder im Zug und fahre nach Hause. Zwischendurch bemerke ich, dass ich vergessen habe ein Ticket zu lösen und bekomme ziemlich Angst während ich ein Ticket ab der nächstmöglichen Station per Handy kaufe. Karo beruhigt mich während der ganzen Zeit.
Später schreibt sie einen Blogpost zu einem sehr persönlichen Thema und ist sehr nervös deswegen. Sie zeigt mir den Post und ich versichere ihr, dass er gut ist.
Um neun Uhr komme ich zuhause an und fahre mit dem Rad gleich zu meiner Wohnung. Karo wollte noch telefonieren, aber ich wollte einfach schnell nach Hause, und als ich dort angekommen bin, ist sie schon zu müde. Sie schreibt mir gute Nacht und schickt das tägliche Gute-Nacht-Selfie. Ich selbst bin noch wach bis kurz nach eins, weil ich sehr viel Spaß beim Fangirlen habe.

Montag, 16. April
Um halb zehn sagt mir Karo guten Morgen, gleich darauf bin auch ich wach und schreibe ihr das selbe. Wir telefonieren erst mal spontan zwanzig Minuten. Danach mache ich mich fertig und frühstücke. Ich habe eine lange to-do-Liste und arbeite in der nächsten Stunde einige Sachen davon ab.
Kurz vor zwölf, bevor Karos Therapie beginnt, schreiben wir einander noch ein bisschen. Ich beruhige sie wegen ihrem Blogpost für heute und sie erinnert mich daran dass sie heute eine Doppelstunde Therapie hat, damit ich mir keine Sorgen mache. Dann arbeite ich weiter, schaue Videos, schreibe mit Freunden und fühl mich zunehmend immer kränker. Um halb zwei male ich mir einen Schmetterling auf den Arm für das Butterfly-Project und schicke das Karo.
Kurz vor zwei ist Karo mit der Therapie fertig. Sie freut sich über einen freundlichen Kommentar zu dem Blogpost bei dem sie so nervös war, dann ruft sie mich an und erzählt mir kurz von ihrer Therapiestunde.
Danach fährt sie weiter zu einer Freundin und ich arbeite weiter meine Liste ab. Um halb vier habe ich selber einen Blogpost geschrieben, der auch sehr persönlich ist. Ich bin nervös und bitte Karo um ihre Rückmeldung. Sie bestätigt mich in dem Post und findet ihn sehr gut, also poste ich ihn.
Am weiteren Nachmittag schreiben wir noch ein bisschen hin und her über verschiedene Dinge. Ich fahre nach dem Einkaufen noch in den Park, wo ich mit meinen Eltern telefoniere, und schicke Karo Fotos davon. Es folgen später noch ein paar kürzere Nachrichten.
Um elf Uhr frage ich Karo, wie das Basketballspiel war das sie heute angesehen hat, und sie freut sich total dass ihre Mannschaft gewonnen hat. Eine halbe Stunde später schickt sie mir ihr Gute-Nacht-Selfie, und noch mal eine halbe Stunde später geh auch ich schlafen.

Dienstag, 17. April
Heute ist unser fünfjähriger Jahrestag!
Ich wache um halb acht auf und fühle mich sofort sehr krank. Ich mache Karo eine Sprachnachricht, weil das leichter ist, und jammere davon, wünsche ihr aber auch einen schönen Jahrestag. Sie wacht um acht Uhr auf und hat selbst auch Kopfweh.
Um 10 Uhr halte ich ein Tutorium an der Uni. Es ist der erste Termin, also muss ich trotz Krankheit hin, so gut es irgendwie geht. Ich sag Karo noch Bescheid bevor es losgeht.
Um halb zwölf schreibt sie mir zurück, dass sie sich kurz hingelegt hat und danach noch Sport gemacht hat. Sie würde heute gerne telefonieren oder skypen. Ich rufe sie stattdessen gleich zurück, während ich durch den Park zurück von meinem Tutorium zum Busbahnhof gehe. Wir reden ein bisschen über das Tutorium, übers krank sein, aber flirten auch sehr viel und freuen uns über unseren Jahrestag.
Karo schickt mir ein Foto von ihrem Mittagessen. Ich wünsch ihr guten Appetit und schick ihr ein Selfie, auf dem ich durch und durch matschig aussehe. Ich versuche zu schlafen, aber es klappt leider nicht.
Um halb zwei tweete ich über unseren Jahrestag mit einigen Fotos. Karo sieht es kurz darauf und freut sich sehr.
Um drei schreiben wir noch einmal, dieses mal darüber, wie es uns geht. Wir beschließen, unsere Blogchallenge auszusetzen für heute.
Von vier bis fünf schlafe ich endlich ein bisschen. Als ich aufwache, rufe ich sie gleich an. Wir reden eine ganze Weile lang über Liebe und krank sein. Karo ist total süß zu mir und bringt mich fast zum Weinen. Ich gebe mein Bestes, ihr eine süße Jahrestagsrede zu halten obwohl ich so krank bin, und je mehr ich rede umso besser wird es, bis Karo weint <3 Es ist sehr schön und wir haben uns sehr, sehr lieb.
Abends mache ich mir Dosensuppe warm und fühle mich ein bisschen besser. Wir schreiben ein bisschen hin und her im Laufe des Abends.
Um kurz vor zehn geht Karo schlafen, postet dann aber noch auf Instagram über unseren Jahrestag. Sie schreibt darüber warum ich ihr wichtig bin und ich freu mich total.
Ich selbst schaue noch Videos und mache Yoga, weil mein ganzer Körper weh tut, und schlafe dann erst um halb zwölf.

Mittwoch, 18. April
Ich bin den ganzen Tag immer noch krank. Wir schreiben uns wie immer über den Tag verteilt über die Dinge die wir tun oder allgemeine Dinge, die uns gerade beschäftigen. Mittags telefonieren wir eine Weile. Abends reden wir kurz über etwas, worüber ich mir ein bisschen Sorgen macht, und Karo geht sofort sehr lieb auf mich ein.
Ich kürze den Tag ab, weil es da nicht viel neues gibt :)

Donnerstag, 19. April
Wir schlafen beide bis nach 10. Als ich aufwache, mache ich Karo erst mal eine Sprachnachricht dazu und erzähle, dass ich nachts zwei Stunden lang wach war, weil ich Gliederschmerzen hatte.
Karo ruft mich an und wir telefonieren kurz.
Um zwölf hab ich Fenster geputzt, davon schreib ich Karo. Davor war ich im Internet und habe Zeit mit meiner Mitbewohnerin verbracht. Mit der geh ich jetzt auch Sushi essen, was wir schon lange geplant hatten. Ich schicke Karo ein Foto davon - weil, uns gegenseitig mit leckerem Essen neidisch machen, ist so ein bisschen unser Ding. Aber so neidisch ist sie gar nicht, sie schreibt mir nur eine ganze Weile später guten Appetit.
Ich antworte aber auch erst nach einer Stunde, nachdem ich mit meiner Mitbewohnerin vom Einkaufen zurück komme. Den Nachmittag über schreiben wir noch ein paar Nachrichten hin und her. Karo besucht ihren Vater in einer medizinischen Reha und wir unterhalten uns über unsere kurzen Blogposts für den Tag.
Abends frage ich wie es ihr geht. Karo schreibt mir dass sie nervös ist, weil sie unter vielen fremden Menschen ist, und fragt wie es mir geht. Ich bin körperlich noch ziemlich fertig und schreib ihr davon. Ein bisschen später schreibe ich ihr, dass ich sie vermisse, und was sie gerade macht. Sie vermisst mich auch, sagt sie, und fragt auch mich was ich mache.
Um halb zehn schicke ich Karo mehrere sehr lange Nachrichten zu der gesundheitlichen Situation einer meiner besten Freundinnen. Ich mache mir große Sorgen um sie, vor allem nach den Nachrichten die ich gerade von dieser Freundin bekommen habe. Zehn Minuten später ruft mich Karo unaufgefordert an und ist offensichtlich gerade vor dem Restaurant, in dem sie mit ihrer Familie und Bekannten ist. Wir reden darüber, über die Angst die ich hab und sie versteht mich, macht Vorschläge und bestärkt mich. Nachdem wir auflegen, schicke ich Karo auch noch einen Screenshot davon, wie die Unterhaltung mit meiner Freundin weitergegangen ist.
Um elf Uhr geht Karo schlafen. Ich auch, etwa eine halbe Stunde später.

Freitag, 20. April
Der Tag heute verläuft ähnlich wie die bereits vergangenen, außer, dass ich wieder richtig fit bin. Ich wache eineinhalb Stunden vor Karo auf, was nicht ungewöhnlich ist. Wir telefonieren fast eine Stunde lang. Über den Tag hinweg folgen wieder regelmäßige bis unregelmäßige Nachrichten zu den Dingen die wir gerade machen und die uns durch den Kopf gehen. Nachmittags reden wir wieder über unsere Blogthemen für heute und weil Karo etwas verzweifelt wirkt, rufe ich sie an. Wir reden darüber was sie schreiben kann und ich bleib als moralische Unterstützung am Telefon während sie tippt. Ich selbst bereite währenddessen einen Salat für ein Treffen am Abend mit meinen Freunden vor.
Abends genieße ich dann meine Zeit mit Freunden und schicke Karo wann immer ich kann kurze Updates dazu. Manchmal antworte ich nur knapp auf ihre Nachrichten, manchmal schicke ich ein Bild.
Karo geht um halb zehn schlafen, was ich erst eine halbe Stunde später sehe und beantworte. ich selbst komme erst spät nach Hause und mache ihr um viertel nach eins eine Sprachnachricht, in der ich ihr noch von meinem Abend erzähle und ihre gute Nacht wünsche.

Kurze Zusammenfassung
Das war's! So sieht unsere Beziehung zurzeit aus.
Manchmal treffen wir uns, so wie am Anfang beschrieben. Manchmal sind angespannte Situationen da, aber immer finden wir einen Weg, die zu klären.
Zurzeit telefonieren wir sehr oft, meistens jeden Tag mindestens einmal. Das war früher schon mal anders. Das ist definitiv aber auch in der Klinikzeit anders, wo Karo die ganze Zeit sehr gestresst und erschöpft ist. Ich mag es sehr, dass wir so oft spontan miteinander telefonieren.
Die meisten unserer Fernbeziehungstage sehen vor allem so aus, dass wir uns über den Tag verteilt mal mehr, mal weniger Nachrichten zu unserem Alltag schicken. Manchmal über tiefergehende Dinge reden (dann aber meistens am Telefon). Manchmal nur lustige Bilder oder Sticker schicken.
Wie man hier ganz gut sieht, finde ich, ist unsere Beziehung sehr ausgeglichen. Hier in dieser Woche hat mich Karo sogar öfter unterstützt als umgekehrt, was zum Teil natürlich damit zusammenhing, dass ich krank war. Aber wir beide sind einfach füreinander da, wenn wir einander brauchen.

Karos Krankheiten, ihre Stimmungen oder Therapien oder Ängste, die sind Teil unserer alltäglichen Gespräche. Sie beeinflussen aber zurzeit unsere Beziehung sehr selten in größerem Ausmaß. Genauso habe ich auch manchmal meine Probleme, die unsere Beziehung ebenfalls beeinflussen.

Wenn bei dir Fragen aufgetreten sind zu unserer Beziehung, würde ich mich total freuen, wenn du mir die in die Kommentare schreibst! Für mich selbst ist unsere Beziehung so etwas normales, das ich oft gar nicht weiß, was genau ich daran hervorheben oder näher beschreiben soll. Aber wenn du etwas wissen möchtest (und mir damit ein tolles Blogpostthema lieferst) - immer raus damit! :)