Dienstag, 13. September 2016

Zukunftspläne und die daraus entstehende Frage, ob Wir eine Zukunft haben.

Mein Traum von der Zukunft ist einfach. Ich will eine Frau, die mich liebt und die ich liebe. Ganz ganz vielleicht auch ein Mann, aber das ist schon ziemlich unwahrscheinlich. Ich will Therapeutin sein, irgendwo, wo ich Spaß an der Arbeit habe. Ich will Kinder. Ich will, dass die oft Oma und Opa besuchen können. Ich will nah zuhause leben. Auf dem Land. Ich will meine Familie so oft besuchen können wie ich will. Ich will einen riesigen Garten, ich will Wälder und Ruhe.
Und am Allerliebsten will ich das mit Karo. Wir haben uns in den vergangenen drei Jahren zusammen weiterentwickelt. Wir verstehen uns gut und immer besser. Wir wollen beide das beste füreinander, wir lieben uns. Wir haben gleiche Pläne: Wollen beide Kinder, haben ähnliche Vorstellungen von Erziehung, wollen ein gemütliches Leben an einem schönen Ort. Und wir wollen beide ein Leben zusammen.
Das Problem allerdings ist: Zwischen unseren Heimatorten liegen immer noch 600 km Luftlinie.
Und Karo will, glaube ich, genauso gern zuhause bleiben, wie ich das will.

In den vergangenen Monaten, als mir immer klarer wurde, dass ich gerne meine Zukunft mit Karo aufbauen möchte, hab ich ganz langsam versucht, mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass meine neue Familie und meine alte örtlich weiter getrennt sein würden, als ich es mir so sehr wünsche.
Der Ort wo ich momentan studiere, liegt ziemlich mittig zwischen den Orten, wo Karo und ich aufgewachsen sind. 4-5 Stunden Zugfahrt in jede Richtung, dreieinhalb mit dem Auto.
Ich versuche mir vorzustellen, dort zu leben. Dort Kinder zu bekommen.
Drei bis fünf Stunden sind machbar. Da kann man regelmäßig ein Wochenende nach Hause fahren, ich mach das ja auch jetzt ständig, und man gewöhnt sich unglaublich schnell daran. Wenn man das mit Kindern von Anfang an macht, bin ich überzeugt, dass auch die sich daran gewöhnen. Dass es für sie normal ist, jeden Monat oder alle zwei für ein Wochenende so weit zu fahren, um dann Oma und Opa und die Onkel zu sehen. Und in die andere Richtung, zu Karo, natürlich genauso.
Ich bin mittlerweile einigermaßen angekommen bei dieser Vorstellung. Es ist nicht mein Traum, der davon, hier zu wohnen, wo ich aufgewachsen bin. Aber ich kann trotzdem regelmäßig meine Familie sehen, und all die anderen Teile meines Traums verwirklichen. Ich bin bereit, dieses Stück aufzugeben, auch wenn es mich so große Überwindung kostet. Aber ich seh mich glücklich sein in dieser Vorstellung. Ich seh mich zufrieden sein und mit dem Hindernis Entfernung leben können. Deshalb geht es. Deshalb ist es okay.

Gestern habe ich mit Karo darüber gesprochen, wie es mir geht, und dass ich mir nicht vorstellen kann, noch weiter wegzuziehen. Auf Dauer. Für ein Jahr, das würde ich aushalten. Aber länger... Andere mögen das können, aber ich würde eingehen, wenn ich meine Heimat aufgeben muss. Sie ist zu wichtig für mich, zu nah an meinem Herzen.
Ich habe auch darüber gesprochen, wie sehr ich Angst habe, dass es Karo ähnlich geht - dass aber ihre persönliche Obergrenze nicht bei 4-5 Stunden Entfernung von der Heimat liegt, sondern niedriger. Dass sie auch so eingehen würde wie ich, aber dass die Hälfte zwischen unseren Heimatorten schon zu weit für sie wäre.
Die Antworten die Karo mir gegeben hat, lassen mich vermuten, dass das sehr gut möglich ist.

Diese Entscheidung, wo wir zusammen leben möchten falls wir das tun werden, ist jetzt noch nicht nötig. Sie ist auch noch gar nicht möglich. Karo wartet auf einen Klinikaufenthalt (der hoffentlich bald, bald stattfindet), in dessen Anschluss auch Pläne zu ihrer beruflichen Zukunft gemacht werden.
Ich mache noch zwei Jahre lang meinen Master in der Stadt, wo ich jetzt schon drei Jahre lang lebe.
Aber nach der Klinik, spätestens in einem Jahr, da müssen wir darüber reden, was wir dann machen werden. Ob wir uns auf einen Ort einigen können, an dem wir beide glücklich werden.
Oder ob das nicht klappt.
Und wenn wir keinen Ort findet, an dem wir uns beide wohl fühlen, dann müssen wir uns, so weh mir der Gedanke auch tut, trennen.
Ich bin 21, und ich mache mir über meine Zukunft mehr und mehr Gedanken. Ich will zurzeit so gerne Kinder, auch wenn das grad nicht so in den Plan passt und sowieso nicht umsetzbar wäre, aber ich WILL. Ich überlege, was ich nach dem Master mache, wo ich leben will. Ich denke daran, dass ich gerne mit Karo leben würde, für lange, vielleicht für immer.
Aber wenn wir zusammen nicht glücklich werden können, weil das wichtigste fehlt, nämlich der Ort wo wir zusammen glücklich sind, dann hat unsere Beziehung keine Zukunft.

Ich empfinde es als schwierig, eine mögliche Trennung mit Karo so offen zu besprechen. Es fühlt sich an, als ob für sie der Gedanke viel weiter weg ist als für mich, als ob sie seltener unsere Beziehung als nur eine Möglichkeit von vielen betrachtet, und das macht mir Angst. Um mich frei zu fühlen, brauche ich die Möglichkeit, unsere Beziehung immer wieder überdenken zu können. Da brauche ich die Möglichkeit, immer neu zu entscheiden was jeden von uns einzeln am glücklichsten macht, und ob das immer noch wir beide sind, oder ob es getrennt besser ist.
Ich hoffe, dass wir, wenn dieses Gespräch auf uns zu kommt, offen darüber reden werden können. Am liebsten schon vorher. Ich will nicht, dass wir uns im Streit trennen müssten wenn es dazu kommt, ich will eine gemeinsame Entscheidung für oder gegen die Beziehung treffen, weil wir beide wissen, was das beste für uns sein wird.
Es ist schwierig für mich, diese Gespräche im Moment mit Karo nicht führen zu können.
Vielleicht wird das nach der Klinik leichter möglich sein. (Vielleicht sollte ich nicht alle Hoffnung in den Klinikaufenthalt stecken.)

Ich bin gespannt, was auf uns zukommt. Es fühlt sich auch schwer und drückend an und es macht mir Angst, aber ich bin vor allem auch gespannt. Ich bin sicher, dass wir beide glücklich sein werden, dass wir beide zufrieden sein werden und ein gutes Leben führen. Getrennt oder zusammen. Ich hoffe zusammen. Ich bereite mich gedanklich aber auch auf getrennt vor.
Aber es wird okay sein. So viel weiß ich.