Dienstag, 31. Mai 2016

Hilft das Psycho-Studium?

Die liebe Alex hat bei meinem letzten Beitrag eine Frage hinterlassen und wollte wissen, wie es mir mit fortschreitendem Studium geht, und ob ich Dinge aus dem Studium persönlich in die Beziehung mitnehme.

Dazu habe ich schon einmal etwas geschrieben, vor ungefähr eineinhalb Jahren: Psychologie studieren. Seitdem ist aber ja doch noch mal einiges an Zeit vergangen, und ich schreib gern meine jetzigen Gedanken dazu auf!

Meine intuitive Antwort ist erst einmal: Nein. Ich glaube nicht, dass das Studium besonders viel dazu beiträgt, wie ich mich im Lauf der Zeit weiterentwickelt hab.

Was man im Psychologiestudium lernt, sind ganz ganz viele Grundlagen. Dazu, wie der Mensch funktioniert, auch biologisch. Welche Theorien es dazu gibt, wie Wahrnehmung funktioniert. Wie gute Diagnostik aussehen soll. Wie man berechnet, ob man bei einer Studie davon ausgehen darf, dass sie tatsächlich einen Effekt zeigt, und nicht nur ein Zufallsergebnis ist.
Wir haben auch gelernt, welche psychischen Krankheiten es in verschiedenen Klassifikationssystemen gibt. Welche Therapieformen. Und immer wieder mal kommen Themen, die näher am Leben dran sind.
Aber wenn mich das Studium persönlich verändert hat (was es bestimmt getan hat; alles, was man über so eine lange Zeit macht, hat einen Einfluss), dann ist das wahrscheinlich vor allem ein grundlegendes Verständnis dafür, wie der Mensch sich entwickelt, wie häufig psychische Probleme vorkommen, wie man sie einschätzen kann im Vergleich zu anderen und was dagegen getan werden kann ... so was in die Richtung. Ich glaube es hilft mir sehr dabei, psychische Probleme in einem größeren Zusammenhang zu sehen und gut einschätzen zu können. (Das bedeutet nicht, dass ich deshalb distanziert auf einzelne Menschen schaue oder sie in Schubladen einordne, aber einen Schritt zurück machen zu können und Muster und Zusammenhänge zu sehen ist genau das, was in der Therapie dann hilft, und der Grund, warum man sich selbst und Freunden nie auf diese Art helfen kann - meiner Meinung nach. Weil man zu nah dran ist.)

Hat das jetzt viel mit Karo zu tun? Hm. Ich glaube nicht so wirklich.
Bei Karo bin ich ja nah dran. Die Fähigkeit, einen Schritt zurück zu machen, bringt mir da nicht so viel, weil Karo als meine Partnerin jemand ist, bei der für mich jedes Detail gleich wichtig ist. Und bei der ich nicht nur versuche zu verstehen, sondern auch selbst mitfühle.
Die Dinge, die ich gelernt habe und die mir bei Karo weiterhelfen, sind andere Sachen. Zum Beispiel habe ich gelernt, auf mich selbst zu achten und anzubieten was ich tun kann, aber auch ruhig bleiben zu können, wenn ich gerade nichts tun kann - selbst wenn es Karo gerade schlecht geht.
Und ich habe bestimmt gelernt, Depressionen, Ängste, Trauma und Borderline viel viel besser zu verstehen, einfach dadurch, dass ich so viel von Karos Leben und ihren Gefühlen mitbekomme.

Ich glaube tatsächlich, dass es eher ein bisschen umgekehrt ist. Ich glaube, die Dinge die ich in der Beziehung lerne, sind vielleicht fürs Studium, vor allem aber später wenn ich Therapeutin bin, total wertvoll.
Zum einen lerne ich viel darüber, wie ich mit mir selbst umgehe, aber ich lerne auch viel darüber, wie es jemandem wirklich geht der mit solchen Krankheiten zu tun hat. Und auch wenn ich glaube dass ich mich als empathischen Menschen bezeichnen darf, und dass ich bestimmt auch ohne einen persönlichen Zugang dazu zu haben mich in gewisser Weise einfühlen kann - so nah dran zu sein, wie ich es bei Karo bin, macht vieles noch einmal realer.
Ich glaube, die Beziehung hat mich persönlich sehr weitergebracht und auch meine Haltung gegenüber Menschen mit psychischen Problemen ein bisschen beeinflusst, gefestigt vielleicht, und das werde ich sowohl später im Job als auch im weiteren privaten Leben immer zu schätzen wissen.

Am ehesten einen Einfluss auf mich persönlich hatten wahrscheinlich meine Praktika, vor allem mein letztes bei einer niedergelassenen Therapeutin. Es hat mich berührt zu sehen, wie viele Menschen so unglaublich schwere Schicksale hinter sich haben, ähnlich zu dem was Karo erlebt hat. Diese Einzelfälle zu sehen, und zu sehen wie viele von ihnen trotzdem gut klar kommen, und eine gute Chance haben gesund zu werden, das hat mich berührt.

Beide Faktoren in meinem Leben, die Beziehung und das Studium, werden sich wohl immer gegenseitig ein bisschen beeinflussen. Aber ich glaube schon, dass es eben auch sehr verschiedene Bereiche sind und für diese beiden Bereiche auch verschiedene Teile von mir selbst wichtig sind.
Ich bin mir selbst auch nicht ganz sicher, wie groß die Rolle des einen für das andere jeweils wirklich ist.

Und jetzt weiß ich nicht wirklich wie ich den Post beenden soll. ;)
Ich hoffe das klärt deine Frage, Alex!

Ich find das übrigens schön, Fragen zu bekommen. Falls irgendjemand was wissen möchte, ist das jederzeit sehr herzlich willkommen :)

2 Kommentare:

  1. Aww, vielen Dank für diesen schnellen, ausführlichen Post!

    Ich finde deine Erklärung sehr spannend und vor allem auch schön - dass nicht die Theorie dir im eigenen Leben hilft, sondern dass deine Beziehung zu Karo dir später eher im Umgang mit Patienten helfen wird.

    "Beide Faktoren in meinem Leben, die Beziehung und das Studium, werden sich wohl immer gegenseitig ein bisschen beeinflussen. Aber ich glaube schon, dass es eben auch sehr verschiedene Bereiche sind und für diese beiden Bereiche auch verschiedene Teile von mir selbst wichtig sind.
    Ich bin mir selbst auch nicht ganz sicher, wie groß die Rolle des einen für das andere jeweils wirklich ist."

    Ich finde, das ist ein gutes Ende für den Post. =) <3

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