Donnerstag, 28. Mai 2015

Dampf ablassen.

In einer Beziehung ist es wichtig für mich, dass ich sagen kann, was mir durch den Kopf geht.
Ich will sagen können wie ich mich fühle, was mir wichtig ist, was mir Angst macht. Was mich stört und was ich toll fühle.
Egal in welcher Beziehung, sei es meine Beziehung mit Karo, oder Beziehungen mit Freunden oder Familie, ist das nicht immer hundertprozentig möglich. Manchmal muss man sich zurück halten.

Bei Karo passiert es häufiger als in anderen Beziehungen die ich habe, dass ich nicht genau das sagen kann, was mich beschäftigt.
Zu wissen was ich sagen kann und was nicht, und wann ich Dinge sagen kann, das ist ein Prozess, und ich hab seit dem Beginn unserer Beziehung schon unglaublich viel darüber gelernt.
Ich kann zum Beispiel viel mehr sagen, wenn wir uns tatsächlich gegenüber sitzen, wenn wir räumlich zusammen sind. Sei es, weil es uns beiden dann besser geht und wir allein durch die Freude, zusammen zu sein, liebevoll miteinander umgehen. Oder sei es, weil ich durch die kleinen Gesten und Zwischentöne wirklich ein Gefühl dafür habe, wann ich was sagen kann (und will!) - diese nonverbale Kommunikation hilft, sich gegenseitig zu verstehen, anstatt zu streiten und sich schlecht zu fühlen.
Dann habe ich auch gelernt, dass es nicht okay ist, mit Karo immer darüber zu reden, wenn es mir wegen ihr schlecht geht. Karo weiß, dass mich ihre Situation belastet. Ich weiß, dass sie das weiß. Auch wenn ich mich in allen Lebenslagen wenn es mir schlecht geht am liebsten an Karo wende: In diesem großen Bereich, der mich belastet, ist es nicht richtig, dass ich mir gerade sie als Unterstützung suche. Denn ich kann mir vorstellen, was für ein schlimmes Gefühl es sein muss, den Partner so verletzt zu sehen und zu wissen, dass man selbst der Grund dafür ist.
Ich finde es nach wie vor wichtig, über so was Bescheid zu wissen und so was mitzuteilen. Es ist mir wichtig, dass Karo weiß, wie es mir geht - auch und gerade wenn das etwas mit uns zu tun hat! Aber ich habe eben auch gelernt, dass ich manchmal gut daran tue, meine Gefühle nicht sofort und ungehemmt mitzuteilen, wie es mir mein erster Impuls sagen würde. Damit hab ich manchmal schon mehr Schaden angerichtet, als ich jemals wollte. (Und das nicht nur bei Karo, übrigens.)

In solchen Situationen, wenn man dem Partner vielleicht etwas sagen will was man gerade nicht sagen kann, habe ich es für mich als unglaublich wichtig wahrgenommen, auf andere Weise diese Gedanken loszuwerden. Gerne rede ich mit mir lieben Menschen darüber, aber es gibt noch etwas, was ich vor nun doch schon einigen Monaten begonnen habe.
Ich habe mir ein kleines Buch gekauft, eine Art Tagebuch, in dem ich sozusagen Gespräche mit Karo führe, die ich mit ihr persönlich gerade nicht führen kann. Ursprünglich war es für frustrierte und verzweifelte Situationen gedacht, aber ich habe auch positive Einträge reingeschrieben, damit das später nicht ganz so deprimierend wirkt. Es sind einfach Gedanken über unsere Beziehung, die mir gerade am Herzen liegen.

Heute habe ich in das Buch ein für mich sehr wichtiges und schönes Gespräch geschrieben, das ich heute mit Karo geführt habe, und danach zurückgeblättert und die alten Einträge gelesen. Viele Einträge sind es nicht - in solchen Dingen war ich schon immer sehr unregelmäßig ;) Aber es war spannend, meine Gedanken von vor teilweise über einem halben Jahr zu lesen. Probleme, die ich hatte und jetzt nicht mehr habe. Themen, von denen ich dachte sie mit Karo nicht besprechen zu können, und über die wir uns mittlerweile ausführlich unterhalten haben. Eine Situation, in der mich Karo gehalten hat, als mich ihre Probleme so belastet haben. Wo sie gesagt hat, dass ich einfach mal alles rauslassen soll, was ich normalerweise zurückhalte. Ich konnte mich an diese Situation gar nicht mehr erinnern, und hatte vor Rührung Tränen in den Augen.
Es gibt wütende, verzweifelte Einträge, deren Gefühle beim Erinnern weh tun. Es tut aber gut, mit Abstand darauf zurückzublicken und zu sehen, dass ich vieles überwunden habe oder klarer sehe.
Vor allem ist in den Einträgen auch zu sehen, wie wichtig es für mich ist, an einem Ort ohne Filter alle Gefühle ausdrücken zu können.

Ich habe Karo von dem Buch erzählt, als ich es angefangen habe. Ich hoffe immer noch, dass ich später gemeinsam mit Karo darin zurückblättern kann. Dann will ich ihr die Dinge zeigen, die ich damals nicht sagen konnte, und die Gespräche führen, die noch offen sind.
Und für jetzt bin ich froh dass ich dieses Buch habe: Um Dampf abzulassen, zu erinnern, zu reflektieren, und auszuhalten manchmal etwas nicht zu sagen. Ich kann mir in diesen Momenten sagen: Irgendwann werde ich mit Karo darüber reden.
Wenn es dann schon vergangene Probleme sind, wird das zurückblättern umso schöner. :)

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