Dienstag, 2. Dezember 2014

Stolz sein.

Dieser Post ist mal in ganz besonderem Maße Karo gewidmet, weil ich weiß, dass sie das gerade braucht. :)
Ich möchte schon länger darüber bloggen, wie stolz ich oft auf Karo bin. Das ist mir sehr wichtig, deshalb habe ich das schon mehrmals verschoben, weil ich das Gefühl hatte, ich würde es nicht gut genug hinbekommen. Jetzt versuche ich es mal wieder - auch Karo zuliebe.

Am Sonntag morgen, als Karo bei mir war, hat sie morgens, als ich Pfannkuchen gemacht habe, ihr Tagebuch und ihre Hausaufgaben hervorgeholt. Dann hat sie eine Situation eingetragen, in der sie Angst hatte, und dazu das jeweilige Gefühl, Gedanken, etc., und hat mir erklärt, dass das für sie nicht leicht ist, und dass sie lernt, das alles zu benennen und zu unterscheiden. 
Karo hat, als wir uns kennengelernt haben, und insbesondere dann im Lauf der darauffolgenden Monate, nie viel über ihre Gefühle geredet. Wenn ich sie gefragt habe, ob sie sauer ist, und sie nein gesagt hat, hat es sich oft nicht "wahr" für mich angefühlt. Wenn sie mir Situationen erzählt hat, dann oft nur die Situationen, und nicht ihre Gefühle dabei.
Mittlerweile hat sich das schon ziemlich geändert. Ich merke, dass es ihr nach wie vor nicht leicht fällt. Aber sie tut es. Immer öfter, immer selbstständiger, und immer besser.

Dann hat sie in ihr Tagebuch schöne Erlebnisse geschrieben. Sie hat mir erlaubt ein bisschen durchzublättern, und auch dort waren waren wieder einmal so viele Dinge, die mich aufs positivste überrascht haben. Eine Liste hat sie zu Dingen gemacht, die ihr Sicherheit geben. Der letzte Punkt auf dieser Liste war ein Messer. Im ersten Moment gab mir das ein mulmiges Gefühl, aber ich habe verstanden: Im Moment hilft ihr die Selbstverletzung weiter, und das Bewusstsein, dass sie es im Notfall tun könnte, gibt ihr Sicherheit. Ich glaube nicht, dass es Zufall ist, dass das an letzter Stelle steht. Ich glaube, dass Karo darüber nachgedacht hat, und wie ich ein mulmiges Gefühl hatte, und nicht wusste ob es dorthin gehört - aber schließlich selbstreflektiert entschieden hat, dass es momentan etwas ist, was ihr Sicherheit gibt. Ich glaube, dass es für sie "Arbeit" war, das Messer auf diese Liste zu setzen, und dass sie das vor ein paar Monaten nicht getan hätte. Stattdessen hätte sie verdrängt, dass ihr so etwas Sicherheit gibt.

Karo schreibt in ihrem Blog viele Dinge, die mir zeigen, wie sehr sie sich verändert hat, wie viel sie schon gelernt hat. Sie ist viel reflektierter geworden. Sie weiß viel mehr darüber, was ihre Stärken und ihre Schwächen sind, und sie kann ihre Schwächen besser akzeptieren. Sie kann viel besser über ihre Gefühle reden. Allein, dass sie einen Blog begonnen hat, ist so eine Sache, die ihr Vorankommen sehr deutlich zeigt.

Ich bin wahnsinnig stolz auf Karo. Wegen all diesen Sachen, diesen Beispielen, und noch viel viel mehr. 
Besonders stolz macht es mich, wenn ich sehe, wie hart Karo kämpft, wie schwer der Kampf für sie ist, und wie viel sie trotzdem schafft.
Ich lese ein Ratgeber-Buch für Angehörige von depressiven Menschen. Dort drinnen steht, dass es falsch ist, Depressive als schwach zu betrachten. Im Gegenteil sind sie vielleicht die stärksten Menschen die wir kennen. Sie kämpfen immer weiter, egal wie oft sie hin fallen.
Das ist etwas, was ich von Anfang an an Karo bemerkt habe. Dass sie nie aufgibt. Nie aufgegeben hat, und es nie tut. Und wenn sie es doch einmal für einen Moment tut, rappelt sie sich im nächsten wieder auf. 
Seit sie die Therapie macht, sehe ich nicht nur, dass sie kämpft - jetzt sehe ich auch Erfolge. Seit Karo weiß, wie sie kämpfen muss, um gesund zu werden, ist sie auf dem richtigen Weg.

Ich bin sehr, sehr stolz darauf, dass ich eine Freundin habe, die trotz aller Hindernisse so viel erreicht. Es ist für mich ein Geschenk, Karo auf ihrem Weg zusehen zu dürfen.

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